Oktober 2003 Umweltbrief.org Wir müssen das Geld so verändern, dass es uns dient ___________________________________________________ Geld ist das Medium, mit dem wir unsere Ideen verwirklichen und unsere sozialen Prozesse ermöglichen. Es regelt alle wirtschaftlichen Beziehungen der Menschen untereinander. Von einem bestimmten Zeitpunkt in der Geschichte an ist das Geld über seine Tauschfunktion hinaus selbst zur begehrtesten Ware geworden. In dem ,Begehren’ steckt die Gier; diese hat dem Geld seine Macht gegeben. Das Geld hat uns aber auch eine große Freiheit gebracht, eine Freiheit voneinander; es ermöglicht auch die heute weltweite Arbeitsteilung. Nur hat es seine Grenzen überschritten. Es kommt darauf an, diese Übermacht zu zähmen, ohne die positive Seite des Geldes zu verlieren. Geld, vor allem die Geldanlage, gestaltet die Realität. Geldanlage im Bereich erneuerbarer Energie beispielsweise kann helfen, den Treibhaus-Effekt zu stoppen. Der Geldfluss in entsprechende Projekte ist auch eine Kommunikationsform; es wird deutlich zum Ausdruck gebracht, dass die Bürger die Energiewende wollen. Solange wir das Geld nicht verstehen, wird es uns regieren, ohne dass wir in der Lage sind, es zu steuern. Wir müssen verstehen, wie man Geld verändern kann, um es zu einem idealen Tauschmittel, zu einem idealen Wertspeicher, zu einem idealen Wertmaßstab werden zu lassen. Wir müssen das Geld so verändern, dass es uns dient. Erstaunlicherweise steigt bei vielen Menschen die Angst, nicht genug zu haben - umso mehr, je mehr man besitzt. Es ist ein Teufelskreis ohne Ende. Gandhi hat dies einmal so ausgedrückt: "Die Welt hat genug für die Bedürfnisse eines jeden, aber nicht genug für die Gier eines einzigen". Geld erscheint vielen Leuten als Spaßfaktor, es gibt einen enormen Reiz von Geldgewinnspielen und Spekulation. Auf dem Höhepunkt des Börsenbooms am Neuen Markt haben Leute mit ungeheuren Geldbeträgen jongliert. Für sie war es ein Spiel, sie haben gar nicht gesehen, dass sie damit Existenzen schaffen oder vernichten. Das Geldsystem ist nicht undurchschaubar, wir schauen nur meistens nicht genau hin. Zum Machtinstrument wird Geld, wenn man es intelligent einsetzt - ob zum Guten oder zum Schlechten. Das Wissen darüber, wie man Geld sinnvoll einsetzt, das müssen wir vertiefen und verbreiten. Mit Geld ist Macht eng verbunden. Je mehr Geld ich habe und ertragbringend anlegen kann, umso mehr Menschen lasse ich für mich arbeiten. Für jeden Ertrag, den ich bekomme, müssen andere Menschen arbeiten. Ob in meiner nächsten Umgebung oder in der Dritten Welt. Diese Umverteilung wird durch unser Geld meisterhaft verschleiert. Die meisten Menschen wissen zum Beispiel nicht, dass in jedem Preis Zinsen enthalten sind. Denn jeder Unternehmer muss natürlich die Zinsen, die er der Bank bezahlt, in den Preis hineinkalkulieren. Im Durchschnitt aller Preise, die man zum Leben braucht, sind etwa 40 Prozent Zinsen enthalten. Man denkt dann: Weil wir alle diese einkalkulierten Zinsen zahlen, aber auf der anderen Seite auch Zinsen bekommen, gleicht sich das aus. Tatsächlich zahlen aber 80 Prozent der Menschen mehr Zinsen als sie zurück bekommen, bei zehn Prozent der deutschen Bevölkerung ist es etwa ausgeglichen und die vermögenden zehn Prozent bekommen die Erträge, die die ersten 80 Prozent zu viel gezahlt haben. Natürlich muss die Bank durch die Zinseinnahmen ihre Kosten decken und das Risiko von Kreditausfällen. Obendrauf kommt aber in unserem Geldsystem Inflationsausgleich und Liquiditätsprämie für den Sparer, damit er sein Geld überhaupt den Banken zur Verfügung stellt und es nicht hortet. Kein Unternehmen investiert, es sei denn, es kommt mindestens das raus, was man an Zinsen bezahlen muss. 90 Prozent der deutschen Wirtschaft wird aus Krediten finanziert, dann müssen Sie zumindest den Zinssatz erwirtschaften. Nun verdoppelt sich aber ein Geldbetrag bei jährlich drei Prozent in 24 Jahren, bei sechs Prozent in zwölf Jahren und dies exponentiell mit Zins und Zinseszins. Wenn sich ein Geldbetrag in zwölf Jahren verdoppelt, dann müsste sich im gleichen Zeitraum die Wirtschaftsleistung verdoppeln, um mit dem Geldwachstum mithalten zu können. Das tut sie aber nicht! Stattdessen führt diese auseinander klaffende Schere in regelmäßigen Abständen, also etwa alle 30 bis 60 Jahre, zu sozialen Revolutionen, wirtschaftlichen Zusammenbrüchen oder Krieg. Der allergrößte Teil der Bevölkerung würde profitieren, wenn wir einen anderen, intelligenteren Umlaufmechanismus erfinden würden als den Zins. Das Geldsystem ist in vielen Punkten vollkommen ,blind’. Es nennt uns nicht die wahren Kosten unseres Lebens. Was kosten der Treibhausklimaeffekt oder die Regenwaldvernichtung, wie teuer ist es, wenn die Gorillas aussterben? In der Sprache des Geldes bisher: Das ist umsonst! Ein Beispiel: Der Sprit an der Tankstelle, der vielen ja schon so unglaublich teuer vorkommt, ist viel zu billig, denn er enthält nicht die Kosten für Öltankerkatastrophen und den Treibhauseffekt. Das ist das eigentliche Umverteilungsproblem: Die letzten menschlichen Generationen haben in so gigantischer Weise Werte in der Natur vernichtet, ohne dafür irgendeinen Preis zu bezahlen, dass die künftigen Generationen erheblich ärmer sein werden: nämlich ärmer an natürlichen Lebensgrundlagen. Die einzige Chance in diesem Umverteilungskampf der Generationen liegt darin, die Kosten für Umweltzerstörungen in alle Preise mit hineinzukalkulieren. Das würde unser Wirtschaftssystem allerdings gewaltig ändern. Man kann schon sagen, es gibt kaltes Geld: die Anonymität, das bewusste Wegschauen, das den meisten Geldtransaktionen inne wohnt. Geld wird warm, wenn ich mit ihm eine persönliche Intention verbinde, wenn ich bewusst ökologisch einkaufe oder verwendungsorientiert Geld anlege. Das wärmste Geld ist das Schenkungsgeld, das überschüssige Geld einer Volkswirtschaft, aus dem Zukunft geschaffen wird. Davon wird Bildung bezahlt, davon wird Kultur bezahlt - alles, was den nächsten Kultur- und Wirtschaftskreislauf wieder mit Ideen, mit Phantasie, mit Visionen erfüllt. Auch Steuern sind in diesem Sinne Schenkungsgeld, wenn auch bei solchen Zwangs-Schenkungen in der Regel keine persönlichen Intentionen einfließen mehr können. Wichtig ist zu begreifen, dass Geld ,nur’ eine Vereinbarung ist. Dieser Geldschein hat den Wert 100 Euro, weil alle Beteiligten dies akzeptieren. In Wirklichkeit ist dieses Stückchen Papier keine 5 Cent wert. Das größte Problem ist, dass wir unser Geldsystem als so selbstverständlich hinnehmen, dass keiner auf die Idee kommt, dass man es verändern kann. Ein schönes konkretes Beispiel ist der ,Chiemgauer’. Ganz unabhängig vom Wegfall des Zinses ist es ein Riesenvorteil, wenn sich eine überschaubare Region, zu der Menschen ein Verhältnis haben, über ein regionales Geldsystem von der globalen Wirtschaft teilweise entkoppeln kann. Durch das zusätzliche regionale Geld entstehen plötzlich Austauschvorgänge, die vorher nicht möglich waren. Es gibt Millionen Arbeitslose und zugleich Millionen unerledigter Aufgaben. Heute sitzt ein arbeitsloser Installateur am einen Ende der Stadt und ein arbeitsloser Schreinermeister am anderen Ende. Beide kommen nicht zueinander, weil das Geld fehlt. Die zentrale Frage müßte doch eigentlich sein: Wie können wir ein Geldsystem so gestalten, dass es diese Leute zueinander finden lässt? Die bewusste Geldanlage ändert die Realität, ist auf ihre Art vergleichbar mit dem ,Marsch durch die Instiututionen’. Grünes Geld beispielsweise hat eine ganze Branche hervorgebracht: die Windkraft. Sie entstand ja nicht, wie uns die Politiker heute gerne weismachen wollen, durch Staatsunterstützung, sondern aus dem Geld privater Anleger, die sich an Bürgerwindrädern beteiligten. Mittlerweile hat das alleine in dieser Branche zu etwa 50.000 neuen Arbeitsplätzen geführt, und die Atomkraftwerksbetreiber blicken mit Sorge auf die nächsten Entwicklungssprünge der Windkraft. Die Wirkung von grünen Aktienfonds, wie z.B. dem Ökovision-Fonds, ist nicht so offensichtlich wie bei der Vergabe von Bankkrediten, sie ist indirekter, aber trotzdem kräftig. Wenn sich ein Nachhaltigkeitsfonds für bestimmte Aktien entscheidet, hat dies in der Regel einen hohen Imagegewinn für das Unternehmen zur Folge. Das und einige andere Effekte stärken die Mitarbeiter in den Firmen, die sich für Nachhaltigkeit einsetzen. Das ist ein langer schleichender Prozess, da sind dicke Bretter zu bohren, aber hinter den Kulissen merkt man schon, dass sich viel tut! Mehr bei http://www.ecoreporter.de/index.php?action=_n8031 Investitionen in Nachhaltige Waldwirtschaft Die Macht des grünen Anlegers ist gewachsen ___________________________________________ "Selbstverständlich haben Moral und innere Werte bei Investitionsentscheidungen schon immer eine Rolle gespielt. Wenn sich in einer Gesellschaft neue Moralvorstellungen ausbreiten, hat dies Auswirkungen auf das Investment." Das sagte Rezzo Schlauch, Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, in seinem Eröffnungsvortag auf dem Kongress "Zukunftssicher Investieren" in Freiburg. "Man redet heute von Rendite ohne Reue", so Schlauch, "und so sehr wir uns um die Verbindung von Investition und Nachhaltigkeit bemühen, so sehr müssen wir den großen grünen Zeigefinger heben, wenn es um konventionelle Investitionen geht." Mehr bei http://www.ecoreporter.de/index.php?action=_n8059 Wie man mit gutem Gewissen investiert _____________________________________ In der umfangreichen Investor-Monatsbeilage des Wirtschaftsblatts zieht Robert Winter im 2-seitigen Artikel "Wie man mit gutem Gewissen investiert" den Schluss, dass die Zuwachsraten "sauberer" Geldanlagen hoch bleiben und die "erzielbaren Renditen interessant" sind. Mehr bei http://www.oeko-invest.de/index.php?action=_n745